Elisa Azzarello und Camilla Pandolfi von PNAT erzählen uns von dem innovativen Projekt, das Natur und Wohlbefinden in Krankenhäuser bringt und Gesundheitsräume revolutioniert
In einer Welt, in der Design und Architektur eine immer wichtigere Rolle bei der Verbesserung der Lebensqualität spielen, stellt das biophile Krankenhaus ein bahnbrechendes Beispiel dar. Wir haben Elisa Azzarello und Camilla Pandolfi , Agronominnen und Mitbegründerinnen von PNAT , interviewt, um tiefer in das Potenzial der biophilen Architektur einzutauchen, die in einem der anspruchsvollsten Kontexte angewendet wird: Krankenhäusern.

PNAT, ein Spin-off der Universität Florenz, ist unter der Leitung des innovativen Denkens von Professor Stefano Mancuso führend in der Entwicklung von Lösungen, die Pflanzen und Technologie integrieren und Räume in Orte des Wohlbefindens, der Nachhaltigkeit und der Schönheit verwandeln. Mit dem Projekt Careggi Green möchten wir nachhaltiges und visionäres Design zelebrieren und zeigen, wie der Kontakt mit Grün nicht nur das Erscheinungsbild von Umgebungen, sondern auch das Pflegeerlebnis selbst neu definieren kann.
Das Projekt „Careggi Green“ ist ein innovatives Beispiel für biophile Architektur in einem Krankenhaus. Welche Bedeutung hat Biophilie im Gesundheitskontext und was sind die Hauptvorteile für Patienten und medizinisches Fachpersonal?
Die Integration von Grünanlagen in Gesundheitseinrichtungen ist von wesentlicher Bedeutung. Die Nähe zu Pflanzen und der Natur fördert die körperliche und geistige Erholung und reduziert Stress. Es gibt Studien, die belegen, dass bereits der bloße Blick durch eine Glasscheibe ins Grüne die Genesungstage verkürzen kann. Wir haben bereits ähnliche Erfahrungen gemacht: Im Meyer-Kinderkrankenhaus in Florenz haben wir beispielsweise eine kahle Terrasse in einen hängenden Garten verwandelt, der für Krebspatienten, ihre Familien und das medizinische Personal zugänglich ist. Das Ergebnis war überraschend: Der Kontakt mit Grün verändert die Stimmung und steigert das Wohlbefinden der Menschen, die diese Räume bewohnen.

Warum kam es zur Auswahl des Krankenhauskomplexes Careggi als Standort für dieses Projekt? Gibt es spezifische Aspekte dieses Krankenhauses, die es besonders geeignet machen?
Alles begann mit einem Dialog mit der Careggi Hospital Foundation, die großes Interesse an der Integration biophiler Lösungen in verschiedenen Bereichen des Krankenhauses zeigte. Die Idee ist, mit gezielten Eingriffen, beispielsweise in der Entbindungsstation, zu beginnen und das Projekt dann auf andere Bereiche des Komplexes, beispielsweise das Onkologiezentrum, auszuweiten. Es ist wichtig zu betonen, dass sich diese Lösungen auch perfekt für gemeinsam genutzte Bereiche wie Wartezimmer und Flure eignen und die gesamte Umgebung einladender machen.
Das Projekt umfasst Eingriffe wie die Einfügung von „Luftfabriken“ und internen und externen Grünflächen. Wie lassen sich diese Lösungen in die vorhandene Architektur integrieren und was sind die größten Herausforderungen bei ihrer Implementierung in einer Krankenhausumgebung?
Die Air Factory ist ein botanisches Filtersystem, das Technologie und Pflanzen in einer Art gläsernem Gewächshaus kombiniert. Die Luft wird angesaugt, durch das Substrat und die Wurzeln der Pflanzen gefiltert und gereinigt wieder an die Umgebung abgegeben. Es ist für geschlossene Räume konzipiert und erfordert einige technische Vorbereitungen, ist aber nach der Installation praktisch autonom. Durch jahrelange Versuche zur Optimierung des Substrats und der Auswahl tropischer und subtropischer Pflanzen, die den maximalen Nutzen in puncto Schadstoffreduzierung garantieren, haben wir dieses System perfektioniert.
Die Integration dieser Systeme in ein Krankenhaus ist nicht einfach: Die Räume müssen funktional sein und den Vorschriften entsprechen. Doch diese Herausforderungen müssen unbedingt bewältigt werden, denn die Verbesserung der Luftqualität in Innenräumen ist ein Thema, das oft übersehen wird. Wir denken immer an die äußere Verschmutzung, aber die innere Verschmutzung – durch Klebstoffe, Reinigungsmittel oder Baumaterialien – kann genauso schädlich sein.

Wie kann biophiles Design die Ortswahrnehmung von Patienten und Besuchern beeinflussen? Gibt es einen Teil des Projekts, den Sie für das Wohlergehen der Menschen als besonders bedeutsam oder symbolträchtig erachten?
Biophiles Design verändert die Wahrnehmung von Räumen radikal. Aseptische und anonyme Krankenhäuser werden zu einladenden, fast vertrauten Orten. Grün ist nicht nur ein dekoratives Element: Es aktiviert positive Emotionen. In Careggi arbeiten wir beispielsweise daran, Bereiche wie den internen Entbindungshof mit grünen Inseln und Ruhezonen zu schaffen. Diese Art der Intervention verbessert nicht nur die Stimmung , sondern reduziert Stress und macht die Pflegeerfahrung menschlicher.
Ein weiterer Aspekt, der uns wichtig ist, ist die Schönheit. Denken wir an den umfassenderen Begriff „Pflegeort“: Ein Krankenhaus muss nicht nur funktional, sondern auch angenehm sein, denn die Umgebung wirkt sich direkt auf das Wohlbefinden der Menschen aus.
Glauben Sie, dass das Modell des „biophilen Krankenhauses“ in Zukunft auf andere Gesundheitseinrichtungen ausgeweitet werden könnte? Welche zukünftigen Entwicklungen oder Anwendungen könnte dieser Ansatz in der Krankenhausarchitektur bieten?
Auf jeden Fall! Das biophile Krankenhausmodell ist replizierbar und skalierbar. Wir arbeiten bereits mit Renzo Piano beim Grand Hôpital de Paris Nord zusammen, wo wir Fabbriche dell'Aria in die Wartezimmer integrieren. Doch nicht nur in Krankenhäusern kommen diese Systeme zum Einsatz: Auch in Pflegeheimen , Büros, Coworking-Bereichen, Geschäften, Ausstellungsräumen und anderen Orten, an denen Menschen viel Zeit verbringen, können diese Systeme zum Einsatz kommen. Ein interessantes Beispiel ist die Installation von Fabbriche dell'Aria in einigen Coops und Apotheken, wo wir äußerst positives Feedback erhalten haben. Die Menschen bemerken den Unterschied sofort und erzählen uns, wie sich ihre Raumwahrnehmung nach dem Eingriff verändert. Dieser Ansatz ist nicht nur eine ästhetische oder ökologische Lösung, sondern eine echte Investition in das tägliche Wohlbefinden.
